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21.11.2024 : 10:20

Märchen im Weihnachtsbüro - Die zwölf Monate (Hörspieltext, frei nach einem russischen Märchen)

Hörspiel - Projekt aus der Klasse 5a, GS Zeuthen, 2003
Mitwirkende/ Sprecher:
Erzähler, Marussja, Stiefmutter, Stiefschwester Nadja, Mann 1 (Januar), Mann 2 (März), Mann 3 (Februar), Kind 1, Kind 2, Kind 3, Kind 4
Erzähler: Wisst Ihr, wie viele Monate ein Jahr hat?
Hintergrundmusik: Jahresuhr von Rolf Zuckowski
Kind 1: Zwölf.
Erzähler: Wie heißen sie?
Kind 2: Januar, Februar, März, April...
Kind 3: Mai, Juni, Juli, August, September...
Kind 4: Oktober, November und Dezember.
Erzähler: Richtig. Sobald ein Monat zu Ende geht, folgt ihm ein anderer. Es ereignete sich noch nie, dass der Februar früher als der Januar eingetreten ist oder der Mai den April überholte. Die Monate vergehen einer nach dem anderen und treffen sich nie. Doch erzählen die Leute über ein Mädchen aus einem bergigen Land weit weg von hier, das alle zwölf Monate zusammen gesehen hat. Wie war das? Nun höret...
Musik
Erzähler: In einem kleinen Dorf wohnte einst eine böse und geizige Frau mit ihrer Tochter, Nadja, und einer Stieftochter, Marussja. Die Tochter liebte sie sehr, doch die Stieftochter konnte ihr nie etwas recht machen. Alles was das Mädchen machte, war nicht richtig. Alles gefiel der Frau nicht.
Geräusche von der Stiefmutter:
Was hast du hier schon wieder für einen Mist gemacht. Kannst du nicht aufpassen. Kannst du nicht schneller arbeiten?
Ihr eigene Tochter wälzte sich tagelang im Bett und aß Lebkuchen.
Geräusche (Bett rascheln, Schmatzen)
Stiefschwester Nadja: Marussja, bringü mir mehr Lebkuchen. Schüttele mein Bett auf. Nun mach schon! Bringt mir was zu Trinken...
Erzähler: Geräusche im Hintergrund zum Text: Schuhe klappern, Geschirr klappern, Holz hacken, Wäsche waschen, (Geräusche Anstrengung)
Marussja musste den ganzen Tag hindurch schwer arbeiten, sie hatte keine freie Minute: Wasser holen, Holz vom Wald bringen, die Wäsche in dem Fluss waschen, das Vieh versorgen (Tiergeräusche) oder im Garten arbeiten. Das Mädchen kannte die Kälte im Winter (Knacken von Frost) und die Hitze im Sommer, den Wind im Frühling (Windgeräusch) und den Regen im Herbst (Regenprasseln). Marussja blieb immer geduldig und freundlich und wurde immer schöner.
Erzähler: Nun hört weiter: Es war im Winter. Der Januar hat dieses Jahr die Erde so dicht mit Schnee bedeckt, dass die Menschen die Türen der Häuser mit den Schaufeln ausgraben mussten und die Bäume im Wald standen bis zur Hälfte im Schnee. So mussten die Menschen zu Hause sitzen und den Ofen beheizen.
Einmal am Abend schaute die Frau durch die geöffnete Tür nach draußen, (Geräusch: Türöffnen) sah den Wintersturm brausen, (Geräusch: Wind) kehrte zum warmen Ofen zurück und sagte zur Stieftochter:
Stiefmutter: Marussja, gehü in den Wald und bring uns Schneeglöckchen.
Erzähler: Marussja schaute die Stiefmutter an, ob es ein Scherz sei oder wurde sie wirklich in den Wald geschickt?
Marussja: Jetzt ist es doch furchtbar im Walde! Wo kann man in der Mitte des Winters Schneeglöckchen finden? Sie blühen doch erst im März!
Erzähler: Die Schwester sagte zu ihr:
Steifschwester Nadja: Auch wenn du im Walde einfrieren solltest, hole einen Korb und komme bloß nicht ohne Blumen zurück.
Erzähler: Das Mädchen begann zu weinen, (Geräusch Weinen), nahm ihren alten gestopften Schal und ging aus dem Haus. (Geräusch: Türöffnen und Zuschlagen und Windgeheul)
Erzähler: Der eisige Wind bedeckte sofort ihre Augen mit Schnee und versuchte den Schal wegzureißen. Das Mädchen kämpft gegen den Wind und kann kaum die Beine aus den Schneehaufen emporheben. Es ist schon dunkel geworden. Der Himmel ist schwarz, kein Sternchen, kein Mond. Nur vom Schnee ist ein bisschen heller. Da ist bereits der Wald. Hier ist es so dunkel, dass man kaum die eigenen Hände vor Augen sehen kann. Das Mädchen setzte sich auf einen liegenden Baum und denkt:
Marussja (mit zitternder Stimme): Ach, es ist sowieso gleichgültig, wo man einfriert.
Erzähler: Plötzlich scheint ihr ein Feuerchen in der Ferne zu blitzen. Marussja steht auf und geht auf den Lichtschein zu. Sie sinkt im Schnee ein, kommt kaum vorwärts, aber sie kämpft weiter. Sie denkt immer:
Marussja: Hoffentlich verschwindet das Feuerchen nicht!
Erzähler: Das Feuer aber verschwindet nicht, es wird heller und heller. Man spürt bereits den Geruch von Feuer und kann schon das Geräusch der im Feuer knisternden ?ästen hören. (Geräusch: im Feuer knisternden ?ästen)
Erzähler: Nach einer Weile kommt Marussja zu einer Wiese und erstarrt vor Erstaunen: Es ist hell auf der Wiese, als ob die Sonne scheint. In der Mitte brennt ein riesiges Feuer, beinahe bis zum Himmel. Um das Feuer herum sitzen 12 Männer und unterhalten sich leise. (Geräusche: Stimmengemurmel)
Marussja schaut sie an und denkt:
Marussja: Wer sind diese Leute? Das sind bestimmt keine Jäger und keine Holzhacker. Sie sind alle prächtig gekleidet, einer in Silber, ein anderer in Gold, ein dritter in grünem Samt...
Erzähler: Zwölf Männer hat das Mädchen gezählt: drei Alte, drei in mittlerem Alter, drei Junge und noch drei Knaben. Die Jüngeren sitzen nah am Feuer, die ?älteren ein bisschen weiter entfernt. Plötzlich dreht sich ein Alter um, groß mit dickem Bart und dichten Augenbrauen, sieht sich das Mädchen an und fragt es laut:
Mann 1 (Januar): Wo kommst du her, Mädchen? Was suchst du hier?
Erzähler: Marussja ängstigt sich und zeigt ihm den leeren Korb.
Marussja: Ich suche Schneeglöckchen.
Erzähler: Da lacht der Alte.
Mann 1 (Januar): Schneeglöckchen im Januar? Das ist ein schlechter Witz.
Marussja: Das ist kein Witz, meine Stiefmutter hat mich geschickt, um die Schneeglöckchen zu sammeln. Ich darf nicht ohne Schneeglöckchen nach Hause kommen.
Erzähler: Die Männer sprechen miteinander. Das Mädchen steht und hört und versteht ihr Rede nicht. Die Männer sprechen in so einer wundersamen Sprache, als ob die Bäume rauschen. (Geräusch: Bäume rauschen, Feuer prasseln)
Erzähler: Der alte Mann wendet sich wieder an das Mädchen und fragt:
Mann 1 (Januar): Was tust du, wenn du keine Blumen findest? Die Schneeglöckchen blühen erst im März.
Marussja: Ich bleibe im Wald und werde auf den März warten. Ich kann nicht ohne Blumen nach Hause kommen. Es ist besser, wenn ich im Wald sterbe...(Geräusch: Weinen)
Erzähler: Einer von den Zwölf, der Jüngste und Lustigste stand plötzlich auf, zog den Mantel um eine Schulter und , trat auf den Alten zu:
Mann 2 (März): Bruder Januar, gestatte mir, deinen Platz für eine Stunde zu besetzen!
Erzähler: Da streichelte der Alte seinen großen Bart und antwortete:
Mann 1 (Januar): Ich würde das gerne machen, doch kann der März nicht früher als der Februar eintreten. Was sagst du dazu, Bruder Februar?
Mann 3 (Februar): Jawohl,
Erzähler: Sagte der alte Mann, der neben dem Januar am Feuer saß,
Mann 3 (Februar): Ich übergebe ihm den Platz . Liebe Brüder, wir kennen dieses Mädchen doch alle sehr gut. Bald trifft man sie beim Eisloch die Wäsche spülen, bald im Wald mit dem Holzbündel. Allen Monaten hat sie gefallen. Man soll ihr helfen.
Mann 1 (Januar): Na, gut. So sei es.
Erzähler: Er schlug er mit seinem Eisstab auf den Boden und begann zu reden:
Mann 1 (Januar): Knistere der Frost nicht, in einem dicken Walde, beiß nicht die Rinde, bei Birken und Kiefern, hör auf damit, die Häuser einzufrieren.
Erzähler: Der Alte verstummte und es ist leise im Walde geworden. Die Bäume hörten auf vor Frost zu knistern. Es begann in großen Flocken zu schneien.
Mann 1 (Januar): Jetzt kommt aber die Reihe an dich..
Erzähler: sagte der Januar und übergab den Eisstab an den jüngeren Bruder, den Februar. Der schlug mit dem Eisstab, schüttelte den Bart und begann zu flüstern:
Mann 3 (Februar): Winde, Stürme und Orkane, spielen in der Nacht, blasen aus allen Kräften, in den Himmel, über die Erde, über die Schneewehen.
Erzähler: Sobald er das ausgesprochen hatte, fing der starke feuchte Wind an , in den Bäumen zu wehen, mit den Schneeflöckchen zu spielen. Über die Erde rasten die weißen Stürme. Der Februar übergab den Eisstab an den jüngeren Bruder und sagte:
Mann 3 (Februar): Jetzt ist aber die Reihe an dich, Bruder März.
Erzähler: Da nahm der jüngere Bruder den Eisstab, schlug ihn auf die Erde. Das Mädchen sieht erstaunt, dass da bereits kein Eisstab mehr ist, sondern ein großer Ast mit Knospen. Da lächelte der März und sang mit jugendlicher Stimme:
Mann 2 (März): Fließen Bäche zu den Flüssen, treten die Ameisen, nach dem Winterschlaf hervor! Es dringt der Bär durch das Unterholz ein.
Erzähler: Es fingen die Vögel an zu singen, (Geräusch: Vogelgezwitscher) Und überall sind Schneeglöckchen aufgeblüht!
Wohin sind die großen Schneeberge verschwunden? Wo sind die Eiszapfen, die auf jedem Ast hingen? Marussja steht mit den Füßen auf der weichen Frühlingserde. Es tropft und fließt überall. Die Knospen an den ?ästen sind aufgesprungen und es schauen schon die zarten grünen Blättchen hervor.
Mann 2 (März): Marussja, beeil dich! Schnell, such die Blumen.
Erzähler: Marussja lief in den Wald zu den Schneeglöckchen. Sie sind überall! Unter den Büschen, unter den Steinen, auf jeden Erdhaufen. Das Mädchen sammelte den ganzen Korb, die ganze Schürze voll mit Blumen. Marussja bedankte sich herzlich bei den zwölf Monaten und lief schnell nach Hause. (Geräusch: Laufgeräusche, Atem, Türöffnen)
Stiefmutter und Stiefschwester: Was? So schnell bist du wieder zu Hause? Wo sind die Schneeglöckchen?
Erzähler: Das Mädchen antwortete nicht, es streute nur die Schneeglöckchen aus der Schürze auf die Bank und stellte den Korb daneben.
Stiefmutter: Ah, wo hast du sie gefunden?
Erzähler: Da erzählte das Mädchen alles. Die beiden hörten die Erzählung und schüttelten mit den Köpfen. Wie kann man das alles glauben? Doch auf der Bank liegt ein Haufen Schneeglöckchen und duften frisch nach dem Monat März. Da schaut die Frau Marussja an und fragt:
Stiefmutter: Haben dir die Monate nicht mehr gegeben?
Marussja: Ich habe sie nicht um mehr gebeten.
Stiefschwester Nadja: Du bist die Allerdümmste. Sie hatte das große Glück, den zwölf Monate zu begegnen und nichts außer Blumen hat sie erbeten. Wenn ich sie treffen würde, würde ich schon Bescheid wissen, was ich mir erbitten würde! Von dem einen würde ich mir ?äpfel und süße Birnen, von dem anderen reife Erdbeeren, von dem drittem Steinpilze und von dem vierten frische Gurken bitten!
Steifmutter: Das bist mein kluges Tochterchen. Im Winter sind die Erdbeeren und die Birne sehr teuer. Wir könnten sie verkaufen und viel Geld ergattern! Doch diese Dumme hat nur die Blumen mitgebracht. Ziehe dich warm an, mein Töchterchen und geh zu der Wiese. Du wirst bestimmt mit den Zwölf zurechtkommen.
Stiefschwester Nadja: Ich werde das schon machen, Mutter.
Erzähler: Mit diesen Worten zieht sie den Mantel an und die Schal auf den Kopf und läuft aus dem Haus. Sie läuft und beeilt sich. Die Spuren von Marussja sind noch gut zu sehen. Der Wald wird dunkler und dichter. Der hohe Schnee und das Unterholz stehen wie eine Wand vor ihr. Sie denkt:
Stiefschwester Nadja:
Oh, warum bin ich überhaupt in den Wald gegangen? Wäre ich doch lieber im warmen Bett liegen geblieben. Ich werde zurückgehen, sonst friere ich noch ein! Marussja kann ja noch einmal gehen.
Erzähler: Sobald sie sich das überlegte, sah sie in der Ferne das Feuerchen. Sie ging darauf zu und gelangte zu den Männern.
Ohne sie zu begrüßen und sich zu verbeugen, kam das Mädchen an das Feuer, wählte den besten Platz und begann sich zu wärmen.
Die Brüder schwiegen. Im Walde ist es still geworden. Da schlug der Januar mit dem Eisstock auf die Erde und fragt:
Mann 1 (Januar): Wer bist du? Wo kommst du her?
Stieftochter Nadja: Von Zuhause. Sie haben heute meiner Schwester einen Korb mit Blumen gegeben. Ich bin ihren Spuren gefolgt.
Mann 1 (Januar): Deine Schwester kennen wir. Doch dich haben wir nie gesehen. Warum bist du gekommen?
Stieftochter Nadja: Ich will viele Geschenke. Der Juni soll mir den Korb voller Erdbeeren sammeln, aber keine kleinen. Sondern nur große. Von dem Juli will ich frische Gurken und Steinpilze, vom August - ?äpfel und süße Birnen, vom September - Nüsse, vom Oktober ...
Mann 1 (Januar): Warte, der Sommer kann nicht vor dem Frühling kommen. Der Frühling kann nicht vor dem Winter kommen. Bis zum Juli ist es noch weit. Jetzt ist gerade Januar.
Stiefschwester Nadja: Du Böser. Ich kam aber nicht zu dir. Von dir kann man nichts außer Schnee und Eis bekommen. Ich brauche nur die Sommermonate!
Erzähler: Der Januar ist finster geworden. Er schwenkte mit dem breiten ?ärmeln des Pelzmantels und sofort brach ein fürchterlicher Schneesturm aus, der von der Erde bis zum Himmel alles zuwirbelte. Die Bäume, die Wiese, die Monate und das Feuer - alles verschwand unter diesem Schneesturm. (Geräusche: Sturm)
Stiefschwester Nadja: Halt, halt, hör auf!
Erzähler: Doch es ist bereits alles zu spät. Der Schneesturm wirbelt sie durch die Luft. Der Schnee bedeckte ihre Augen. Die Tochter stürzte in den Schnee und wo sie lag bildete sich eine dicke Schneedecke...
Die Frau wartete lange auf ihre Tochter. Dann zog sie sich an und ging in den Wald, um sie zu suchen. Aber alles war vergebens. Wie kann man bei diesem Schneesturm in der Nacht etwas finden? So ging sie lange, suchte, suchte bis sie selbst einfror.
Zwischenmusik
Erzähler: Aus dem Mädchen wurde eine schöne Frau. Sie heiratete einen guten Mann, und beide hatten viele Kinder. Man hat sich erzählt, dass sich vor dem Haus, in dem sie alle glücklich zusammen wohnten, sich ein großer und wunderschöner Garten befand. So einen schönen Garten gab es nirgendwo auf dieser Welt. Man erzählte sich, dass in diesem Garten die Blumen früher blühten als in anderen Gärten, die Beeren, ?äpfel und die Birnen wurden früher reif. Bei der Hitze war es im Garten kühl und beim Schneesturm war es still.
- Bei dieser Hauswirtin sind immer alle zwölf Monate zu Gast, - so sprachen die Leute.
Wer weiß, vielleicht war es wirklich so.
Abschlussmusik:
Vivaldi Die vier Jahreszeiten